Warum Erneuerbare?: Klimaschutz Nürtingen


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Solaranlagen mit Blick auf Nürtingen. Foto: Anne M. Haasis
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Warum Erneuerbare?

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Erneuerbare Energien

Erneuerbare Energien sind eine der zentralen Säulen der Energiewende. Sie sollen es ermöglichen, unsere Energieversorgung klimaverträglich und unabhängiger von fossilen Energieimporten zu machen. Weil sie lokal gewonnen werden können, kann ihre Nutzung Kaufkraftabflüsse reduzieren, Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung in Nürtingen steigern.

Über ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet haben erneuerbare Energiequellen wie Sonne, Wind, Wasser, Geothermie oder Biomasse deutlich geringere CO₂ Emissionen als fossile Energieträger wie Erdgas, Stein- oder Braunkohle. Dies liegt darin begründet, dass erneuerbare Energien im Gegensatz zu fossilen Energieträgern während ihrer Laufzeit keine Treibhausgase emittieren.

Jedoch sind erneuerbare Energien trotzdem nicht komplett CO₂-neutral, da bei deren Herstellung sowie Entsorgung CO₂-Emissionen entstehen (vor- und nachgelagerte Emissionen). Nichtsdestotrotz sind bei Erneuerbaren Energien durch die Einsparungen in der Nutzungsphase die CO₂-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus deutlich geringer als bei fossilen Energieträgern. Zudem wird ihre CO₂-Bilanz umso besser, je höher ihr Anteil am bei der Herstellung genutzten Energiemix ist.

Daher ist das Ziel einer erfolgreichen Energiewende die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien am Energiemix bis hin zu einer hundertprozentig erneuerbaren Energieversorgung. Um die Pariser Klimaziele und eine 1,5 Grad Unterschreitung zu erreichen, muss das Ausbautempo allerdings deutlich erhöht werden.

Dachflächen-Photovoltaik

In Nürtingen werden derzeit lediglich 10 % der geeigneten Dachflächen für die Erzeugung von Solarenergie genutzt (Stand 2020), 90 Prozent der Dachflächen sind demnach noch unbelegt. Soll die Nürtinger Energiewende gelingen, muss das Ausbautempo deutlich erhöht werden. Insgesamt kann in Nürtingen auf den geeigneten Dachflächen eine PV-Leistung von 90 MWp bis 130 MWp installiert werden (abhängig von der Aufständerung).

Um alle geeigneten Dächer in Nürtingen bis 2040 zu belegen, müsste sich der Ausbau der Photovoltaik ab sofort verfünffachen, von derzeit im Schnitt 1 MWp auf 5 MWp installierte PV-Leistung pro Jahr.

Die Dachflächen-Photovoltaik alleine wird nicht ausreichen

Würde die gesamte Nürtinger Dachfläche mit Photovoltaik belegt werden, würde dies gerade so ausreichen um den derzeitigen Stromverbrauch in Nürtingen dadurch bilanziell abzudecken (ca. 150.000 MWh). In der Realität wird der Solarstrom aber nicht ausreichen, da die Produktion von Solarstrom vor allem im Sommer stattfindet und die dort generierten Überschüsse nicht vollständig für den Winter genutzt werden können. Außerdem wird perspektivisch auch der Stromverbrauch steigen, da im Zuge der Energiewende der Verkehr und die Gebäudebeheizung durch den Einsatz von Elektromotoren und Wärmepumpen zunehmend elektrifiziert werden. Durch die hohe Effizienz von Elektromotoren und Wärmepumpen kann zwar der Energiebedarf insgesamt gesenkt werden, doch der Strombedarf wird steigen, Schätzungen zufolge um ca. 60 Prozent, ohne Einsparungen bei Haushaltsstrom und Gewerbestrom auch um mehr als 80 Prozent. Zumal auch davon auszugehen ist, dass nicht das gesamte Dachflächenpotenzial rechtzeitig, also spätestens bis zum Jahr 2040, ausgeschöpft werden kann.

Um rechtzeitig ausreichende Mengen klimafreundlichen Stroms erzeugen zu können, werden weitere Quellen für erneuerbaren Strom benötigt, wie etwa Parkplatz-Photovoltaik, Freiflächen-Photovoltaik, Agri-Photovoltaik oder Windenergie.

Freiflächen-Photovoltaik

Freiflächensolaranlagen, die z. B. entlang von Straßen errichtet werden können, liefern inzwischen mehr als 750.000 kWh Strom pro Hektar und Jahr. Auf einer Fläche von 100m x 100m kann also so viel Strom erzeugt werden, wie für ca. 280 Haushalte benötigt wird. Bezogen auf den gesamten Energieverbrauch der Stadt inklusive Verwaltung, Gewerbe und Industrie, entspricht der Hektarertrag dem Strombedarf für ca. 200 Einwohner. Zugleich können solche vollständig rückbaubaren Freiflächensolaranlagen viele positive Effekte für den Naturschutz haben.

Ein Pilotversuch des BUND und der solarcomplex AG hat belegt, dass sich intensiv genutztes Grünland unterhalb von Photovoltaikanlagen innerhalb kurzer Zeit zu einer artenreichen Wiese entwickeln kann. Aufgrund einer zielgerichteten Pflege haben sich auf der Fläche des Solarparks Mooshof bereits in den ersten beiden Jahren diverse gefährdete Tierarten angesiedelt. Dabei ist der hohe Bestand an seltenen Insekten auf der Fläche des Solarparks auffallend (Siebler, 2013). Bei geschickter Einbindung in vorhandene Biotop-Strukturen und das Landschaftsbild können PV-Freiflächenanlagen die Landschaft ökologisch aufwerten.

Parkplatz-Photovoltaik

Solar-Carports sind eine besonders sinnvolle Möglichkeit, Flächen mehrfach zu nutzen. Sie bieten Sonnenschutz, Regenschutz und erzeugen gleichzeitig Strom. Der Schutz der Fahrzeuge und Stellplätze vor Wettereinflüssen macht ihre Nutzung komfortabler, sicherer und spart im Sommer Strom, der zur Kühlung der Fahrzeuge benötigt würde. Im Winter muss weniger Energie aufgewendet werden, um die Fahrzeuge eisfrei zu bekommen. Ein Stellplatz hat in der Regel Außenmaße von 2,5 x 5,0 Meter. Wenn Sie also 20 nicht verschattete Stellplätze mit einer Fläche von 250 m² vollflächig mit einem Solardach überdachen, sollte ein Stromertrag von mehr als 40.000 kWh im Jahr gut erreichbar sein. Häufig können die Dächer auch etwas auskragen, sodass noch höhere Erträge pro Stellplatz möglich sind. Dies gilt insbesondere, wenn die Fahrbahn auf den Parkplätzen mitüberdacht werden kann.

Agri-Photovoltaik

Bei Agri-Photovoltaik handelt es sich um Solaranlagen, die oberhalb von Ackerflächen und Grünland montiert werden. Dank der erhöhten Montage können bifaziale Module eingesetzt werden, die auch auf der Modulrückseite Strom erzeugen. So erreicht eine Pilotanlage in Heggelbach Erträge von mehr als 700 MWh pro Hektar und Jahr.

Aufgrund der erhöhten Montage der Module ist unterhalb von Agri-PV-Anlagen eine normale ackerbauliche Nutzung möglich. In einer Untersuchung am Bodensee wurde im ersten Projektjahr 2017 laut Fraunhofer ISE eine Steigerung der Landnutzungseffizienz auf 160 Prozent erzielt. Bei Kleegras fiel der Ertrag im Vergleich zur Referenzfläche nur um rund 5 Prozent geringer aus. Bei den übrigen Kulturen (Kartoffeln, Weizen und Sellerie) lag der Ertrag um rund 18 bis 19 Prozent unter den entsprechenden Vergleichswerten. (Fraunhofer ISE, 2017) Im trockenen Sommer 2018 wurden bei drei der vier angebauten Kulturen unter der Agri-PV-Anlage sogar höhere Erträge als auf der Referenzfläche erzielt. So lag die Landnutzungseffizienz insgesamt bei 186 Prozent im Vergleich zu den herkömmlich bewirtschafteten Flächen (IWR, 2019). Dabei ist zu bedenken, dass trockene und heiße Sommer in Zukunft eher die Regel als die seltene Ausnahme sein könnten. Zudem bieten Agri-PV-Anlagen die Chance, Landwirten ein zweites wirtschaftliches Standbein zu geben. Dies ist von hoher Bedeutung, da Landwirtschaft wirtschaftlich sein muss, um als Arbeitsplatz wieder attraktiver zu werden. Denn ohne engagierte Landwirte, die von ihrer Arbeit gut leben können, kann Landwirtschaft nicht nachhaltig funktionieren. Ein Leitfaden von Fraunhofer ISE zur Agri-Photovoltaik steht online zum Download bereit: Auf Ackerflächen doppelt ernten: Leitfaden zur Agri-Photovoltaik

Solarthermie und Wärmenetze

Solarthermieanlagen wandeln Sonnenenergie in Wärme um. Sie können sowohl für einzelne Gebäude als auch für Wärmenetze genutzt werden.

Die pro Person benötigte Anlagengröße hängt vom Verwendungszweck und von der Art des Kollektors ab. Wird die Anlage zur Trinkwassererwärmung verwendet, reichen weniger als 1,5 Quadratmeter pro Person aus. Dient die Anlage der Heizungsunterstützung werden mit Flachkollektoren in der Regel mindestens 2,25 m² Kollektorfläche pro Person benötigt. Vakuum-Röhrenkollektoren benötigen etwas weniger Fläche. Der genaue Bedarf muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Kann ein Gebäude an ein Wärmenetz angeschlossen werden, ist eine zusätzliche Solarthermieanlage auf dem eigenen Dach in der Regel nicht wirtschaftlich. Gut geeignet sind sie als Ergänzung zu Biomasseheizungen, wie z. B. Pelletheizungen.

Solarthermieanlagen sind als Heizquelle für einzelne Haushalte jedoch mit relativ hohen Investitionskosten verbunden. Günstiger wird die Technologie beim Einsatz in großflächigen Solarthermieanlagen, die gemeinsam mit einem saisonalen Großwärmespeicher als Wärmequelle für ein Nahwärmenetz genutzt werden.

Saisonale Großwärmespeicher haben den Vorteil, dass sie Wärme aus verschiedenen Quellen speichern können. So können sie im Sommer auch mit großen Luftwärmepumpen oder Abwärme aus der Gebäudekühlung erwärmt werden. Aufgrund der hohen Lufttemperaturen können mithilfe von Luftwärmepumpen in den warmen Sommermonaten mit einer Kilowattstunde Strom deutlich über 4,5 Kilowattstunden Wärme gewonnen werden.

Windenergie

Die Nutzung von Windenergie ist neben der Photovoltaik die zweite wichtige Möglichkeit, erneuerbaren Strom zu gewinnen. Da sie überwiegend im Winterhalbjahr Strom produziert, stellt sie eine sehr wichtige Ergänzung zur Photovoltaik dar. Dies ist so wichtig, weil im Winter künftig mehr Strom für den Betrieb von Wärmepumpen benötigt wird, die für eine erfolgreiche Energiewende im Wärmebereich unverzichtbar sind. Gemeinsam mit Bioenergie und ergänzt durch Stromspeicher können erneuerbare Energien sehr zuverlässig Strom bereitstellen.

Weitere Vorteile der Windenenergie

Windenergie weißt zudem weitere wichtige Vorteile auf, die eine Nutzung dieser Energiequelle sehr sinnvoll machen. So ist die Fläche, die für Windenergieanlagen benötigt wird, sehr gering. Nur rund zwei Prozent der Fläche eines Windparks werden für die Anlagen und Erschließungsflächen benötigt. Auf den übrigen 98 Prozent kann weiterhin Land- oder Forstwirtschaft betrieben werden. Wenn also zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie nutzbar gemacht werden, beträgt der Flächenverbrauch nur 0,04 Prozent (zwei Prozent von zwei Prozent) der Landesfläche.

Windenergie ist zudem sehr energieeffizient. Für jede Kilowattstunde, die bei ihrer Herstellung aufgewendet wird, liefern moderne Windenergieanlagen mehr als 40 Kilowattstunden erneuerbaren Strom. Dies ist ein Bestwert unter den erneuerbaren Energien.

Lärmbelastung

Lärm kann zu gesundheitlicher Beeinträchtigung führen. Die Lärmbelastung durch Windenergieanlagen ist vergleichsweise gering. In der Regel sind die Geräusche von Windkraftanlagen nicht gefährlicher oder gesundheitsschädigender als die von Straßenverkehr. Der Grenzwert für Windkraftanlagen beträgt 55 Dezibel und ist damit der gleiche Wert wie für Straßenverkehrslärm innerhalb von Städten. Bevor eine Windkraftanlage gebaut wird, müssen die Werte für den erzeugten Schall anhand vergleichbarer Anlagen berechnet und nach dem Bau kontrolliert werden.

„Jede einzelne Windenergieanlage bzw. jeder Windpark muss hierbei die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm mit Anhang einhalten. Diese betragen für allgemeine Wohngebiete z.B. tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A). Am Tag dürfen diese Werte durch einzelne Geräuschspitzen um 30 dB(A) und nachts um 20 dB(A) überschritten werden.“ (Vgl. Windkraftwissen, 2023)

Bioenergie

Biomasse ist in Deutschland neben Wind- und Solarenergie die dritte große erneuerbare Energiequelle. Mit etwa 400 TWh pro Jahr ist ihr Potenzial bisher noch größer als das der Dachflächenphotovoltaik. Zudem weist Bioenergie einen großen Vorteil gegenüber allen anderen erneuerbaren Energien auf: Da biogene Energieträger bereits in speicherbarer Form gewonnen werden, sind keine zusätzlichen Speichermedien erforderlich und die Speicherverluste sehr gering. Um Solarstrom zu speichern, muss dagegen erst mittels sogenannter Power-to-X-Technologien Wasserstoff oder Synthetikgas (Power to Gas) erzeugt werden. Dies ist mit Umwandlungsverlusten von ca. 30 bis 40 Prozent verbunden.

Dass Bioenergie im Winter auch an dunklen und windstillen Tagen unkompliziert und flexibel zur Verfügung steht, macht sie besonders wertvoll. Wenn Wind- und Solarenergie durch Bioenergie und Speicher (z. B. Wasserstoff) ergänzt werden, können erneuerbare Energien sehr verlässlich Strom und Wärme liefern. Wenig sinnvoll ist dagegen der Einsatz als Treibstoff, weil diese Form der Nutzung sehr ineffizient ist. Nutzt man nur Energiepflanzen der zweiten Generation und Holz, das nachhaltig verfügbar ist und nicht stofflich verwendet werden kann, lassen sich zudem wichtige Synergieeffekte erzielen.

Nach einer Schätzung der BUND Ortsgruppe Nürtingen und des Forums Zukunftsfähiges Nürtingen besteht selbst im dicht besiedelten Nürtingen ein nachhaltiges Bioenergiepotenzial von mindestens 23 Gigawattstunden pro Jahr, was ca. 600 kWh pro Einwohner entspricht.

Synergieeffekte für Natur- und Umweltschutz

Energiepflanzen nehmen unter anderem auch Ackerfläche in Anspruch. Eine wirkliche Flächenkonkurrenz mit der Nahrungsproduktion entsteht jedoch erst, wenn die globale Gemeinschaft beim Klimaschutz scheitern sollte. Wenn Bioenergie dazu beiträgt, die Klimaschutzziele zu erreichen, leistet sie wichtige Beiträge zur Ernährungssicherheit. Wichtig ist jedoch ihre nachhaltige Nutzung: Die Anbauflächen sollten begrenzt werden auf einen Anteil von ca. 20 Prozent. Zudem sollte Bioenergie möglichst nur im Winter verstromt werden und ihre Abwärme sinnvoll genutzt werden. Auf Ackerland sollten zudem Energiepflanzen der zweiten Generation bevorzugt werden. Sie bringen mehr Vielfalt auf die Ackerflächen. Mit ihren Blüten bieten viele dieser Pflanzen ein reiches Angebot an Nektar und Pollen für Insekten. Gemeinsam können Sie den Insekten so über die gesamte Vegetationsphase eine wichtige Nahrungsquelle bieten. Bei einem Anteil von 20 Prozent an der Ackerfläche könnten dadurch auf z. B. auf 90 Hektar (ca. 13 Prozent der Ackerfläche) wertvolle Insektenweideflächen mit reichhaltigem Pollen- und Nektarangebot entstehen. Heute ist das Insektenweidepotenzial deutlich geringer.

„Da Energiepflanzen der zweiten Generation weniger pflegeintensiv sind, mehrjährig genutzt werden können, kaum Pflanzenschutz benötigen und als mehrjährige Pflanzen zum Humusaufbau beitragen, können sie dabei helfen, die Bodenqualität zu verbessern, den Boden vor Erosion zu schützen und den Schadstoffeintrag in Gewässer und Grundwasser zu reduzieren. Zugleich wird mit dem Humusaufbau Kohlenstoff gebunden, was mit einer CO₂-Absorption verbunden ist. Nebenbei verbessert sich die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden, was nicht nur die Böden besser vor Austrocknung schützt, sondern auch zum Hochwasserschutz beitragen kann.“ (Simon et al, 2022)

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